Projektbereich M: Mechanismen, Modellierung und Simulation

Das wesentliche Ziel der Forschungsarbeit im SFB/TRR 136 ist die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Werkstoffbeanspruchung und –modifikation zur Aufstellung von Prozesssignatur-Komponenten (PSK). Mithilfe letzterer soll ein Paradigmenwechsel in der Fertigungstechnik eingeleitet werden: Für eine angestrebte Werkstoffmodifikation, zum Beispiel eine Härteänderung, erlauben die PSK die Bestimmung der innerhalb der in Frage kommenden Prozesse zu erreichende Beanspruchung des Werkstoffs.

Es liegt auf der Hand, dass zur Aufstellung der PSK neben Arbeiten zur experimentellen Charakterisierung (siehe Projektbereich C) zum einen Techniken zum besseren Verständnis der im Werkstoff ablaufenden Mechanismen, zum anderen Skalen übergreifende Modellierungs- und Simulationstechniken zum Einsatz kommen müssen. An dieser Stelle setzt der Projektbereich M an. Ziel ist es, nicht nur neue Modelle zu entwickeln, sondern diese auch mit bestehenden Teilmodellen aus den anderen Projektbereichen auf möglichst allgemeingültiger Ebene zusammenzuführen. Die Modelle werden auf Basis von mechanischen, thermischen, chemischen und elektrischen Größen formuliert. Damit trägt der Projektbereich M wesentlich zur Aufstellung geeigneter PSK bei.

 

TP M01 – Energiebasierte Prozessanalyse für charakteristische Prozesssignaturen

Die zentrale Aufgabe von M01 ist es, als Impulsgeber Ansätze für Prozesssignaturen zu formulieren, die Werkstoffmodifikationen und –beanspruchungen für unterschiedliche fertigungstechnische Prozesse miteinander verknüpfen. Das Teilprojekt arbeitet mit numerischen Methoden, um Beanspruchungsgrößen und Modifikationen zu ermitteln, die experimentell nur schwer zugänglich sind. Aktuell werden die bereits entwickelten Prozesssignaturkomponenten für ferritisch-perlitische Eingangszustände für einmalige Beanspruchungen mit einer Wirkung dahingehend weiterentwickelt, dass sie auch Modifikationen für unterschiedliche Eingangszustände mit mehrfachen Beanspruchungen und mehreren Wirkungen berücksichtigen.

Die aktuellen Ergebnisse im TP M01 finden Sie hier auf einer Seite zusammengefasst.

Leitung: Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. h.c. Dr. h.c. Dr. h.c. Bernhard Karpuschewski, Dr. Ing. Thomas Lübben, Dr.-Ing. Jens Sölter

TP M03 – Thermo-mechanisch gekoppelte Prozessmodellierung mikrostruktureller Werkstoffmodifikationen

Für die Entwicklung von Prozesssignaturen ist die Berücksichtigung des Einflusses der Werkstoffmikrostruktur auf fertigungsinduzierte Werkstoffmodifikationen von entscheidender Bedeutung. Um diesen Einfluss zu modellieren, wurde in der ersten Förderperiode ein zweiskaliges Kontinuumsmodell für makroskopisches Werkstoffverhalten in Abhängigkeit von der Evolution der Werkstoffmikrostruktur in polykristallinen metallischen Werkstoffen entwickelt.  Dazu wurde ein mikromechanisches Phasenfeldmodell für die Mikrostrukturevolution und das makroskopische Werkstoffverhalten formuliert. Unter der Annahme einer periodischen Mikrostruktur wurde dieses Modell mit Hilfe von Fast-Fourier-Transform-Methoden numerisch implementiert und als Werkstoffmodell auf Gauss-Punkt-Ebene in einer Finite-Elemente-Implementierung des makroskopischen Kontinuumsmodells auf Polykristallebene verwendet. Die aktuelle Forschung befasst sich unter anderem damit, das zweiskalige Modell (i) auf zusätzliche Prozesse wie Rekristallisierung zu erweitern und (ii) mit Hilfe von Modellreduktionstechniken möglichst effizient zu gestalten. So sollen die unterschiedlichen Prozesse und Prozessketten, die im Projektbereich F untersucht werden, unter Berücksichtigung der Veränderungen auf Gefügeebene zweiskalig simuliert werden können.  

Die aktuellen Ergebnisse im TP M03 finden Sie hier auf einer Seite zusammengefasst.

Leitung: Prof. Dr.-Ing. habil. Stefanie Reese, Prof. Dr. rer. nat. habil. Bob Svendsen

TP M04 – Modellbildung der Transportvorgänge bei abtragender Bearbeitung

Das Ziel der Untersuchungen ist die detaillierte räumliche und zeitliche Ermittlung der Wechselwirkung des Spülvorgangs mit dem Energieeintrag und der Energiedissipation zur Formulierung eines Spülvorgangsmodells im Rahmen der Wirkkettenbetrachtung am Beispiel der Funkenerosion. Die instationären räumlichen Erhaltungsgleichungen werden mit einer Lattice-Boltzmann Methode (LBM) für Spülvorgänge, die durch veränderliche geometrische und strömungsphysikalische Parameter definiert sind, gelöst. Die Arbeiten tragen wesentlich zur Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Werkstoff und Umgebungsmedium bei der Aufstellung von Prozesssignaturen bei.

Die aktuellen Ergebnisse im TP M04 finden Sie hier auf einer Seite zusammengefasst.

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Schröder, Dr.-Ing. Matthias Meinke

TP M05 – Numerisch effiziente, mehrskalige Materialmodelle für Prozesse mit thermischer und chemischer Hauptwirkung

Das Teilprojekt M05 beschäftigt sich mit der Modellierung des Materialverhaltens während thermischer und thermo-chemischer Prozesse. Ziel ist dabei die Entwicklung einer Methodik, die es ermöglicht, den Einfluss der auftretenden Mechanismen in der Gefügeebene auf die Polykristallebene abzubilden.

Neben der variationellen Modellierung thermisch-induzierter Phasentransformationen widmet sich M05 der Entwicklung einer Methodik zur Abbildung der elektro-chemischen Materialbearbeitung (ECM). Dazu wurde die in der Mechanik bereits etablierte Schädigungsmethodik dahingehend weiterentwickelt, dass nun auch der Mechanismus der anodischen Auflösung abgebildet werden kann.

Beide entwickelten Methoden greifen auf eine effektive Formulierung des Materialverhaltens zurück, erlauben so den Skalenübergang von der Gefüge- auf die Polykristallebene und damit effiziente Rechenzeiten. Durch die so erreichte Beschreibung der Werkstoffmodifikation leistet M05 einen wichtigen Beitrag zur Formulierung von Prozesssignaturen für Prozesse mit thermischer, chemischer und thermo-chemischer Hauptwirkung.

Die aktuellen Ergebnisse im TP M05 finden Sie hier auf einer Seite zusammengefasst.

Leitung: Prof. Dr.-Ing. habil. Stefanie Reese

TP M06 – Mechanismen-Analyse fertigungsbedingter chemischer Werkstoffmodifikationen und ihre Auswirkungen auf die Bauteilfunktionalität

Der Forschungsschwerpunkt des Teilprojektes M06 liegt in der umfassenden mechanistischen Beschreibung der chemischen Beanspruchung auf Basis elektrochemischer und mikrostruktureller Charakterisierungsmethoden. Ziel dabei ist es zum einen, Reaktionsmechanismen bei Prozessen mit chemischer Wirkung zu identifizieren. Zum anderen wird das Ziel verfolgt, die chemischen Beanspruchungen und Randzonenmodifikationen experimentell zu quantifizieren. Die Quantifizierung der Randzonenmodifikationen erfolgt vergleichend zum Werkstoffeingangszustand über AC/DC-Methoden, Eigenspannungen, Rauheit und Randzonenchemie; die chemische Beanspruchung wird massenspektrometrisch über den Prozesselektrolyten bestimmt. Darüber hinaus erfolgt eine erste Erprobung hinsichtlich des Einflusses modifizierter Randzoneneigenschaften auf die Oxidationsmechanismen in sauerstoffhaltigen Atmosphären im Hinblick auf die Bauteilfunktionalität.

Die aktuellen Ergebnisse im TP M06 finden Sie hier auf einer Seite zusammengefasst.

Leitung: Prof. Dr.-Ing. habil. Daniela Zander